Die wirtschaftliche Bedeutung des „ländlichen Bades“
Bad Birnbach, „Das Ländliche Bad“, liegt in Niederbayern südlich der Donau inmitten einer bäuerlichen Kulturlandschaft in den Talauen der Rott, umgeben von tertiärem Hügelland. Dieses Gebiet mit Höhen zwischen 350 und 500 m über dem Meer hat ein ausgeglichenes, regen- und föhnarmes Klima.
Die Entwicklung zum „Ländlichen Bad“
Im Zuge der Gebietsreform 1971/72 entwickelte sich Birnbach zu einer Großgemeinde im neu entstandenen Landkreis Rottal-Inn. Der Ort Bad Birnbach zählte am 31.12.2017 2.295, das Marktgebiet 5.743, die Verwaltungsgemeinschaft mit Bayerbach 7.421 Einwohner. Zusammen mit dem Landkreis Rottal-Inn wurde im Jahr 1973 eine Thermalbohrung niedergebracht und damit die Entwicklung zum Kurort eingeleitet.
Träger der gesamten Fremdenverkehrsentwicklung sind der Markt Bad Birnbach und der Zweckverband Thermalbad Birnbach. Am Zweckverband sind der Bezirk Niederbayern mit 60 %, der Landkreis Rottal-Inn mit 30 % und der Markt mit 10 % beteiligt.
Nach erfolgreicher Thermalbohrung im September 1973 wurde vom Zweckverband ein interdisziplinäres Gutachterteam (Landschaft-Städtebau-Wirtschaft) mit der Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes beauftragt. Dieses bildete die Grundlage für das 1974 positiv abgeschlossene Raumordnungsverfahren (räumliches Konzept) und zeigte deutlich, dass es sinnvoll war, das Kurgebiet nicht isoliert in der freien Landschaft zu errichten, sondern an den Ort anzuschließen, um dem alten Ortskern neue Entwicklungsimpulse zu geben.
Durch vorausschauende Grundstückspolitik wurden fast alle der zur Bebauung anstehenden Flächen vorsorglich aufgekauft. So konnte das Kurgebiet vor Grundstücksspekulationen geschützt und private Investitionen mit den öffentlichen Ausbauzielen in Übereinstimmung gebracht werden.
Die Entwicklung zum „Ländlichen Bad“ wurde durch öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Steuerungsmittel beeinflusst. Dies geschah sowohl über den Bebauungsplan „Kurgebiet“ (städtebauliches Konzept) des Marktes, als auch über die Grundstückskaufverträge des Zweckverbandes. Bei letzterem wurden den Investoren grundbuchamtlich abgesicherte Auflagen gemacht – wie gewerbliche Bindung, Rückkaufsrecht oder Beurteilung des Bauvorhabens durch den Gutachterausschuss der beteiligten Fachstellen. Der Erfolg war die Erhaltung des ländlichen Charakters von Bad Birnbach durch eine landschaftsgebundene Bauweise.
Investitionen mit strukturpolitischer Schubkraft
Der Landkreis Rottal-Inn, zu dem auch Bad Birnbach gehört, war aufgrund seiner überwiegend landwirtschaftlichen Orientierung (über 1/3 der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft) noch im Jahr 1972 eines der strukturschwächsten Gebiete in der Bundesrepublik. Zwar verfügte der Ort Birnbach selbst über eine im Landkreis verhältnismäßig hohe Anzahl von Arbeitsplätzen auf dem gewerblichen Sektor (Naturstein-, Holz- und Kunststoffbearbeitung, Braugewerbe, Baugewerbe), doch bestand im Marktgebiet ein erhebliches Arbeitsplatzdefizit. Mit der Kurortentwicklung erhofften sich Landkreis und Markt langfristig eine Strukturverbesserung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, insbesondere im Dienstleistungsbereich. Die gesamte Entwicklung wurde deshalb auch von der Bayerischen Staatsregierung nachhaltig gefördert.
Durch den Bau der ROTTAL TERME wurde ein Investitionsschub ausgelöst, der Bad Birnbach in relativ kurzer Zeit aus der wirtschaftlichen Randsituation heraus führte. Bisher investierte der Markt Bad Birnbach ca. 55 Millionen Euro in fremdenverkehrsbezogene Anlagen des „Ländlichen Bades“. Dazu zählen die Erschließung des Kurgebietes, der Ausbau der engeren Kurzone mit Kurpark, diverse Sport- und Freizeitanlagen, die Sanierung des historischen Ortskernes, der Ausbau eines fußgängerfreundlichen Verkehrskonzepts auf gutachtlicher Grundlage, der Bau des „Artriums“ als kultureller und gesellschaftlicher Mittelpunkt, die Erweiterung des Kurwegenetzes und der Bau des Bella Vista Golfparks, der ersten kommunalen Golfanlage Deutschlands. Das wichtige städtebauliche Bindeglied zwischen dem neugeschaffenen Kurgebiet und der altehrwürdigen Hofmark ist der vor 35 Jahren errichtete Neue Marktplatz, der von 2014 an in drei Bauabschnitten grundlegend saniert und mit modernster Veranstaltungstechnik ausgestattet wurde.
Der Zweckverband investierte bis zum Ende des Jahres 2010 rund 75 Millionen Euro in den Bau und die Weiterentwicklung der ROTTAL TERME. In diesem Betrag enthalten sind die vorbereitenden Thermalbohrungen, die präventiven Grundstückskäufe, die Errichtung des Kurmittelhauses in mehreren Abschnitten: Erholungsbad (1976-1984), Therapiebad (1990), Vitarium (1995-1999), die Erweiterung des Therapiebades mit Physiotherapie und HAUTcouture (2000 – 2002) und zuletzt die Verbesserungsmaßnahme Erholungsbad-Vitarium (2005 – 2010), die alleine einen Umfang von rund 17 Millionen Euro erreichte. Entstanden sind dabei unter anderem der in Europa einzigartige, 105 Meter lange Thermenbach, Attraktionen wie die Salzsteingrotte, die Salzwasserlagune, diverse Themenruheräume, der Aktiv- und der Ruhegarten. Seither teilt sich die Rottal Terme in das Therapiebad und das Vitarium (Thermenwelt, Sauna-Erlebniswelt) auf.
Die zwei neuesten Errungenschaften der Therme sind die Polaris-Sauna und die Zirbensauna. Bei einer Temperatur von 100 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 10 % ist gesundes Schwitzen in der finnischen Selbst-Aufguss-Sauna garantiert. Für Entspannung und für den nordischen Zauber sorgt eine wunderschöne Bildanimation mit Polarlichtern. Das verwendete Holz für die Trockensauna beruhigt den Herzschlag und sorgt dafür, dass die Atmung tiefer und entspannter wird. So können Verspannungen gelöst und Stress abgebaut werden. Die 60°C und die hohe Luftfeuchtigkeit von 60% verstärken die gesunde Wirkung vom Zirbenholz zusätzlich.
Die Investitionen der öffentlichen Projektträger zogen ein bemerkenswertes Investitionsvolumen auf privater Ebene nach sich. Sie betragen bis dato ein Mehrfaches der öffentlich aufgebrachten Mittel, mit weiter steigender Tendenz, da vor allem die Hotellerie in Innovationen investiert.
Nach jüngsten Erhebungen sind in Bad Birnbach und der Region rund 2.500 Arbeitsplätze entstanden. Der Jahresumsatz durch den Tourismus beträgt rund 80 Millionen Euro. Geld, das den Weg nach Bad Birnbach nie gefunden hätte, wäre aus der Vision in den Siebziger Jahren nicht die erfolgreiche Realität von heute geworden.
Das ländliche Bad schreibt Verkehrsgeschichte
Eine Vorreiterrolle übernimmt Bad Birnbach mit seinen Partnern auch im öffentlichen Personennahverkehr. Gemeinsam mit dem Landkreis Rottal-Inn, der Deutschen Bahn AG, dem Startup IOKI, der Regionalbus Ostbayern GmbH (RBO), dem französischen Hersteller „easy mile“ und mit Unterstützung durch den Freistaat Bayern wurde kürzlich der erste autonom im öffentlichen Bereich fahrende Kleinbus in Betrieb genommen. Derzeit fährt der Bus drei Stationen an: die Rottal Terme, das Artrium und den Neuen Marktplatz. Ab 2019 soll auch der Bahnhof, der sich etwa 1,8 Kilometer vom Ortszentrum entfernt befindet, angefahren werden. Zwei baugleiche Busse sorgen dann dafür, dass täglich jeder an- und abfahrende Zug in der Zeit von 8 bis 21 Uhr erreicht wird.
Etwas zur frühen Geschichte
Das Gebiet des Marktes Bad Birnbach erstreckt sich über einen uralten Siedlungsraum mit einer Vielzahl von Funden aus der Zeit von etwa 3000 vor Christus bis zur Römerzeit. Die älteste überlieferte Schreibweise lautet „Perinpah“. Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung Birnbachs ist in einer Schenkung an das Hochstift Passau auf den 24. Juni 812 datiert. Im Laufe des 12. Jahrhunderts erwächst aus einer ursprünglich adeligen Eigenkirche der Birnbacher Pfarrsprengel. Eine weitere Mittelpunktfunktion wird erkennbar durch die im 13. Jahrhundert erfolgte Bildung des herzoglichen Amtes Birnbach.
Der Ort Birnbach wird 1673 zur geschlossenen Hofmark erklärt. Die niedere Gerichtsbarkeit übt nun nicht mehr der Reichenberger Pflegerichter, sondern der jeweilige Hofmarksherr aus. Hofmarksherr war zu dieser Zeit der Churbayerische Kanzler Caspar von Schmid von Haslach und Birnbach, dessen Familie die Ortsentwicklung nachhaltig förderte, insbesondere das örtliche Gewerbe und die Siedlungstätigkeit. Durch churfürstlichen Gnadenbrief von 1677 erhält Birnbach erstmals das Recht, Jahrmärkte abzuhalten. Die traditionellen Märkte am 1. Sonntag nach Ostern und im Oktober wurden in neuerer Zeit durch den Wochenmarkt und einen Christkindlmarkt ergänzt. Gemeinsam mit dem Landkreis Rottal-Inn werden in jüngster Zeit Initiativen mit Direktvermarktern gestartet. Auch die erfolgreiche Einführung der Rottaler Mostwochen gehört zu diesem Spektrum.
Anreise ins ländliche Bad
Mit dem Auto fährt man nach Bad Birnbach aus Richtung West und Südwest über die Autobahn A 92 München/Deggendorf, (Ausfahrt Landau a. d. Isar) und Eggenfelden (B 388), aus Richtung Berlin und Frankfurt über die Autobahn A 3 Nürnberg/Passau (Ausfahrt Pocking). Aus Österreich kommend über die A 8 (Linz/Wien) nimmt man die erste Ausfahrt Pocking nach dem Grenzübergang Suben.
Auch mit der Bahn kommt man recht komfortabel ins ländliche Bad. Die Anreise aus vielen Teilen Deutschlands ist mit nur einem Umstieg möglich. Aus Dortmund, Düsseldorf und Köln gibt es täglich eine ICE-/EC-Verbindung über Nürnberg nach Passau mit Anschluss nach Bad Birnbach. Aus Wien und Linz kommend ist wiederum Passau der Umsteigepunkt zu den lokalen Zügen. Am Bad Birnbacher Bahnhof steht für alle Bahnanreisenden täglich ein kostenloser Bustransfer in den Ort zur Verfügung.
Gästestruktur
Den nachfolgenden Daten liegt eine Auswertung der Meldescheine aus dem Jahr 2018 zu Grunde. Gezählt wurden rund 137.179 Anreisen von Kur- und Urlaubsgästen, welche etwas mehr als 857.695 Übernachtungen generierten.Herkunft: Rund 66,4 % der Gäste kamen aus Bayern, 8,4 % aus Baden-Württemberg,
4,9 % aus Nordrhein-Westfalen, 3,8 % aus Hessen und 2,2 % aus Niedersachsen, die anderen ziemlich gleichmäßig aus den übrigen Bundesländern. Der Anteil an ausländischen Gästen liegt bei rund 5,9 %. Diese stammen hauptsächlich aus Österreich, Schweiz und Tschechien.
Aufenthaltsdauer (in Tagen): Je entfernter das Bundesland, desto länger die Aufenthaltsdauer. Bremen 10,6, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen je 9,2, Schleswig-Holstein 9,0, Hamburg 8,8, Berlin 8,4, Rheinland-Pfalz und Hessen je 7,8, Saarland 7,5, Baden-Württemberg 6,6 und Bayern 5,1 Tage. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug im Jahr 2017 6,1 Tage.
Begleitung: Rund 65,8 % kamen zu zweit, 23,9 % alleine und 10,3 % in der Gruppe/Familie.
Rund 5 % der Gäste führten eine medizinische Badekur durch, 95 % einen Gesundheits-, Wellness- oder Erholungsurlaub. Medizinische Badekuren werden in Bad Birnbach überwiegend in der Form der „Ambulanten Vorsorge- und Rehakur“ durchgeführt, Rentenversicherungsträger und Versorgungsämter haben geringe Bedeutung.
Alter: Das Durchschnittsalter lag mit 59 Jahren wesentlich niedriger als bei Kurorten üblich. Generell bleiben auch in Bad Birnbach ältere Gäste länger als jüngere.