Ergebnisse der AGES-Studie werden vorgestellt
Ludwig-Maximilians-Universität stellt Studienergebnisse vor – AOK Bayern war Kooperationspartner – Gefördert vom Freistaat Bayern
„Am besten ist, dass es erst gar nicht so weit kommt“, sagen Logotherapeutin Gudrun Mehring und Orthopäde Dr. Thomas Laser. Gemeint sind die gefürchteten Burn-Out-Symptome, die in der modernen Gesellschaft immer mehr um sich greifen – und damit auch immer höhere Schäden anrichten.
Es gar nicht so weit kommen zu lassen war also erklärtes Ziel bei der Entwicklung eines Programms zur Stressprävention. Das Projekt wurde aus gutem Grund vom Freistaat Bayern mit rund 100.000 Euro gefördert, wie Melanie Huml, Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, bei der Projektvorstellung im Münchner Presseclub betonte. „Mit dem Konzept ‚AGES-Aktiv gegen Erschöpfung und Stress‘ packt das ländliche Bad gemeinsam mit der LMU, der AOK Bayern, der Rottal Terme und Fachleuten vor Ort ein wichtiges Thema an. Der aktuelle AOK-Fehlzeiten-Report 2017 für Deutschland belegt dies eindeutig: So sind die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten 10 Jahren konstant gestiegen, sie nahmen um 79,3 Prozent zu. Psychische Erkrankungen führten außerdem zu langen Ausfallzeiten. Mit 25,7 Tagen je Fall dauerten sie mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,7 Tagen je Fall“, so die Ministerin.
Die Voraussetzungen waren ohnehin gut im malerisch gelegenen Bad Birnbach, eingebettet zwischen den grünen Rottauen und den sanften Hügeln des Rottals. So verfügt die Rottal Terme, übrigens bewusst italienisch ohne „h“ geschrieben, nicht nur über das modernste Therapiebad Europas, sondern neben vielen anderen Attraktionen auch über den längsten Thermenbach des Kontinents und eine Salzwasserlagune, auf der man förmlich dem Alltag entschweben kann. Therapie und Entspannung wurden seit jeher groß geschrieben im niederbayerischen Kurort und gingen stets im Gleichklang nebeneinander her. Und trotzdem wollte man mehr, nämlich ein neues Konzept, das den Anforderungen der modernen Gesellschaft gerecht wird. „Wir möchten hier ein Alleinstellungsmerkmal erreichen“, waren sich stellv. Bürgermeisterin Dagmar Feicht und Viktor Gröll, Leiter der Kurverwaltung, einig.
Für die Durchführung der Studie konnte man die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München gewinnen, als Kooperationspartner unterstützte die AOK Bayern das Projekt. „AGES - Aktiv gegen Erschöpfung und Stress“ war geboren. Gemeinsam mit der LMU und Experten vor Ort wurde ein spezielles Präventionsprogramm zur Stressreduzierung entwickelt, das nicht nur klassische Anwendungen verfolgt. Es ging um chronobiologische Ansätze ebenso wie um die Einführung neuer psychoedukativer Elemente wie der Logotherapie nach dem berühmten Neurologen und Psychologen Prof. Viktor Frankl. Als „Sinnlehre gegen die Sinnleere“ hat er die von ihm entwickelte Logotherapie einmal bezeichnet. Aber auch orthopädische Ansätze wurden dabei hinsichtlich der stressbedingten Auswirkungen auf die Muskulatur verfolgt. Darüber hinaus kamen natürlich Elemente klassischer Kurortmedizin zum Einsatz. Wassergymnastik im original Bad Birnbacher Heilwasser zum Beispiel, Naturfango und Massagen. Zum Projekt gehörten verschiedene Techniken aus dem Bereich der Entspannungstherapie, unter anderem QiGong. Bewegung gab es in Form von Nordic Walking, von Golf und Bogenschießen. Völlig neu war ein Auffrischungskurs nach sechs Monaten. Die Teilnehmer trafen sich dann noch einmal für vier Tage im Kurort, um zu überprüfen, ob das Gelernte tatsächlich im täglichen Leben angekommen ist. Offenbar mit Erfolg, wie sich zeigte. Insgesamt gab es drei Studiengruppen. Eine „Zuhause-Gruppe“, die als Kontrollgruppe diente, und zwei, die in Bad Birnbach unterschiedliche Programme absolvierten. Das subjektive Stress- und Belastungserleben der Probanden wurde mit wissenschaftlich anerkannten Befragungsinstrumenten, beispielsweise dem „Perceived Stress Questionnaire (PSQ)“ gemessen. Es zeigte sich, dass die Kontrollgruppe zuhause im Beobachtungszeitraum eines Jahres kaum Veränderungen auf der Skala des Instruments, die von 0 bis 100 reicht, aufwies. Dagegen verbesserte sich die Gruppe mit den klassischen Anwendungen der Kurortmedizin bereits um fast konstant 16 Punkte und jene Gruppe, die zusätzlich auch die sogenannten „psychoedukativen Einheiten“ in Form von Logotherapie und orthopädischem Wissen erhielt, hatte sich zum Studienabschluss um knapp 30 Punktwerte gesteigert – ein Jahr nach der Kur in Bad Birnbach. „Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass beide Probandengruppen mit einem Aufenthalt in Bad Birnbach von der Teilnahme an einem Präventionsprogramm profitierten. Es lassen sich anhaltend positive Effekte bei einer Reihe untersuchter Parameter erkennen, mit Veränderungen, die sich auch zum Ende der Nacherhebungsphase nach 12 Monaten noch signifikant von den Ausgangswerten zu Studienbeginn unterschieden“, wie Prof. Dr. Dr. Angela Schuh und Dr. Sandra Kus von der LMU feststellten. Und weiter: „Wie zu erwarten, stagnieren bzw. verschlechtern sich die verbesserten Zustände wieder im Laufe der Studiendauer. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Auffrischungskurs insbesondere für die Gruppe mit Logotherapie und der Wissensvermittlung in Sachen Stress und orthopädischen Problemen essentiell dafür war, die Nachhaltigkeit positiver Effekte zu sichern, sagte Dr. Sandra Kus. Erfreuliche Entwicklungen wurden in allen wichtigen Parametern wie Stresserleben, chronischer Stress, Wohlbefinden, subjektive Bewertung des Gesundheitszustandes und Schlafqualität sichtbar.
Auch die AOK Bayern, die als Projektpartner aufgetreten ist, zog eine positive Bilanz: „Die von der Ludwig-Maximilians-Universität vorgestellten Ergebnisse sind eindeutig: Mit dem neu entwickelten Präventionsprogramm ‚Aktiv gegen Erschöpfung und Stress‘ kann Stress nachhaltig abgebaut werden. Dies ist zugleich eine Vorbeugung gegen Erkrankungen und erhöht die Lebensqualität“, sagt Direktor Daniel Gansmeier von der AOK Rottal-Inn.